Leistungskurs Musik 2000/02           am           Celtis-Gymnasium, Schweinfurt
Kurzprotokoll
der Kursstunde am Montag, den 12.3.2001 von 7.55 bis 9.25 Uhr.
Protokoll: drei Arbeitsgruppen                www.musiklk.de/26vorred.htm

Thema/Themen:

Heinrich Schütz: Vorrede zur "Geistlichen Chormusik" (1648)

Inhalte:

Wir wollten uns mit der sprachlichen Charakteristik eines barocken Textes vertraut machen. Dazu haben wir versucht, die "Vorrede" (hier das Original) in heutiges Deutsch zu übertragen. Das war stellenweise eine harte Nuß. Hier das Ergebnis der drei Arbeitsgruppen.

Interessierter Leser:
Es ist bekannt und offensichtlich, dass, nachdem der Kompositionsstil des Generalbasses von Italien nach Deutschland gekommen ist, er sofort positiv aufgenommen und schnell beliebter wurde als je ein Kompositionsstil zuvor. Dies zeigt sich besonders an den zahlreich erhältlichen Notenausgaben der musikalischen Werke im Handel. Derartige Neuerungen möchte ich hier keineswegs ablehnen, sondern den deutschen Musikern, die diesen Kompositionsstil bevorzugen, einige Hinweise geben. Es ist eine Tatsache, dass auch der gut ausgebildete Musiker niemals eine andere Kompositionsart ordentlich angehen und damit umgehen kann, wenn er sich nicht zuvor ausreichend mit dem Kontrapunkt beschäftigt und sich somit vorher mit dem nötigen Handwerkszeug ausgestattet hat. Dieses sind unter Anderem die Kirchentonarten, Kanon einfach, gemischt und in der Umkehrung, Doppelter Kontrapunkt, unterschiedliche Anwendung verschiedener musikalischer Stilarten, Stimmführung, Verknüpfung der Themen und dergleichen mehr. Darüber gibt es genügend theoretische Abhandlungen und die Studierenden werden in der Praxis darin unterrichtet. Kompositionen ohne diese Techniken (auch wenn sie Nichtmusikern noch so schön erscheinen) können vor erfahrenen Komponisten nicht bestehen oder werden zumindest als nicht wertvoller als eine taube Nuss eingeschätzt.
Deshalb sah ich mich veranlasst, ein solches Werk ohne Generalbass wieder einmal anzugehen und dadurch vielleicht etliche, insbesondere aufstrebende deutsche Komponisten anzuregen, dass sie, bevor sie zu dem konzertierenden Stil übergehen, zuvor diese harte Nuss (in der ein guter Kern und damit das echte Fundament eines guten Kontrapunktes zu suchen ist) knacken. Darin müssen sie sich erst einmal beweisen: So wie es auch in Italien (wo ich als junger Mann die Fundamente meines Berufes gelegt habe) in einer anspruchsvollen musikalischen Ausbildung der Brauch war, dass Anfänger erst einmal solche geistlichen und weltlichen Werke ohne Generalbass genau ausgearbeitet und veröffentlicht haben. Ich nehme an, dass das immer noch so ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass diese wohlmeinenden Bemerkungen nur der Musik und der Vermehrung des Ruhmes unserer Nation dienen, nur das Beste wollen und niemanden herabsetzen.

Es darf aber nicht übersehen werden, dass auch dieser Kirchenmusikstil ohne Generalbass (den ich daher Geistliche Chormusik nennen möchte) nicht gleichförmig ist. Etliche solcher Kompositionen sind eigentlich für Orgel oder für einen mit Vokal- und Instrumentalstimmen besetzten Chor gedacht. Teilweise sind sie so angelegt, dass sie - mit besserem Effekt - die Stimmen nicht verdoppeln oder verdreifachen und so weiter, sondern in Vokal- und Instrumentalpartien unterteilen. Auf solche Weise kann mit gutem Effekt mit der Orgel oder sogar auf zwei oder mehrere Chöre verteilt musiziert werden (wenn es eine Komposition von acht, zwölf oder mehr Stimmen ist). Beide Arten kommen in meinem gegenwärtigen Werk mit nur wenigen Stimmen vor (vor allem bei den letzten Stücken, bei denen ich daher auch den Text nicht habe drucken lassen). Ich gehe davon aus, dass der kompetente Musiker diese Dinge bei den anderen Stücken selbst beurteilen kann und sie deshalb angemessen ausführen kann.

Ich wehre mich dagegen und möchte auf keinen Fall, dass jemand das hier dargestellte so auslegt, dass ich dieses oder irgend ein anderes meiner veröffentlichten musikalischen Werke als Belehrung oder Modell verstanden wissen oder dafür werben wollte. Denn ich gestehe gerne die Unbedeutendheit dieser Werke.

Ich will hiermit vielmehr alle und jede auf die vornehmsten Komponisten, vorbildliche italienische und ebenso andere alte und neue Autoren verweisen, als auf die vortrefflichen und unvergleichlichen Werke derer, die solche in Tabulatur bringen und sich mit Fleiß umsehen werden; die in dem einen und dem anderen Stil in hellem Licht leuchten und die auf dem rechten Weg zum Kontrapunkt hinführen können. Ich habe darin noch Hoffnung und habe auch darüber eine Nachricht erhalten, dass ein mir sehr gut bekannter Musiker, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis sehr erfahren, bald die gleiche Traktat aufzeigen wird, die besonders uns Deutschen sehr nützlich sein wird. Wenn jemand diese beiden letzten Absätze aufmerksam liest, möge er eine Nachricht an den Leiter des Musikkurses schicken und sich zur Qualität derselben äußern. Dieses werde ich mit Fleiß sehr gerne tun, damit es stattfindet, dem allgemeinem Musikstudium zum Besten.
Endlich: Da auch ein Organist diesem von mir eigentlich ohne Basso continuo geschriebenen Werk gerne nacheifert und sich nicht abhalten lassen wird, diesen in die Tabulatur oder Partitur zu setzen, lebe ich in der Hoffnung, dass der darauf verwendete Fleiß und die Bemühungen nicht alleine besteht, sondern auch diese Art von Musik um so mehr ihren gewünschten Erfolg erreichen wird.

Gott mit uns sampt und sonders in Gnaden!  (originale Schlußwendung)                                          Author

Links: (T. K.)

Überblick von Rüdiger Mohr zur Geistlichen Chormusik
Referat über Heinrich Schütz (von mir nicht durchgelesen)

Original der Vorrede                             Zurück zur LK-Hauptseite